Klimawandel, Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine: Die Krisen folgen immer dichter aufeinander. Das geht auch an jungen Menschen nicht spurlos vorüber. Wie denken Jugendliche und junge Erwachsene in Europa dabei über ihr Leben? Durch welche der vielen Krisen fühlen sie sich am bedrohtesten? Das wollte die TUI-Stiftung in ihrer Studie "Junges Europa 2022" herausfinden. Ihre wichtigsten Inhalte:
Was untersucht die Studie?
Um Lebenswelt, Identität und Einstellungen junger Europäerinnen besser zu verstehen, beauftragt die Tui-Stiftung seit 2017 jährlich das internationale Meinungsforschungsinstitut YouGov mit einer Befragung junger Menschen in Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Polen, Spanien und Großbritannien. Für die Jugendstudie 2022 wurden im April insgesamt 6.228 junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren online befragt. In jedem Land wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach den Merkmalen Alter und Geschlecht repräsentativ entsprechend der tatsächlichen Verteilungen je Land in Onlinepanels ausgewählt.
Was beschäftigt junge Erwachsene am meisten?
Junge Menschen in Europa fühlen sich laut der Studie stärker durch den Klimawandel bedroht als durch den Krieg in der Ukraine oder die Corona-Pandemie. Demnach hat für sie der Umwelt- und Klimaschutz gemeinsam mit den Themen Migration und Asyl oberste Priorität (je 30 Prozent), Außenpolitik und Verteidigung folgen mit je 24 Prozent dahinter.
Mehr als jeder zweite Befragte findet demnach, dass die EU-Länder den Kampf gegen den Klimawandel höher priorisieren sollten als etwa das Bemühen um Energieunabhängigkeit (52 Prozent). Wie auch vor dem Krieg in der Ukraine bewerten junge Europäerinnen und Europäer heute den Kampf gegen den Klimawandel höher als Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum. Jedoch zeigt sich hier im Zeitvergleich in fast allen Ländern ein rückläufiger Trend. Während etwa in Deutschland im vergangenen Jahr noch 47 Prozent der Befragten dem Klimawandel den Vorrang gaben, tun dies 2022 nur noch 36 Prozent.
Was denken junge Menschen über den Ukraine-Krieg?
Die Mehrheit der europäischen Jugend sieht in Russlands Angriffskrieg in der Ukraine eine "Zeitenwende". 26 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage "stark" zu, 40 Prozent "etwas". Insbesondere junge Griechinnen und Griechen begreifen den Krieg demnach als grundlegenden Einschnitt: Hier antworteten 43 Prozent mit "stark" und weitere 38 Prozent mit "etwas". In Deutschland liegt die Bewertung sehr nah an den Durchschnittswerten: 28 Prozent der Befragten stimmen "stark" zu, 39 Prozent "etwas".
Vor allem in Polen, Deutschland, Italien und Griechenland empfinden junge Menschen den Überfall russischer Truppen auf die Ukraine als persönliche Bedrohung, am wenigsten ausgeprägt sind die Ängste in Großbritannien. Auch die Furcht vor einem Krieg in einem EU-Land nimmt zu: Fast die Hälfte (46 Prozent) der jungen Europäerinnen hält einen Krieg in einem Mitgliedsland in den nächsten zehn Jahren für möglich. 2020 sind es noch 37 Prozent gewesen.
Nehmen junge Menschen persönliche Kosten in Kauf?
Junge Europäer zeigen eine hohe Bereitschaft, humanitäre Hilfe zu leisten, etwa über Spenden oder die Aufnahme Geflüchteter. Dabei fällt jedoch auf, dass die Zustimmungswerte geringer ausfallen, wenn mit den Maßnahmen persönliche Kosten verbunden sind, etwa durch gestiegene Preise für Lebensmittel (35 Prozent), Benzin (35 Prozent) oder Energie (34 Prozent).
Unterstützen Jugendliche Waffenlieferungen?
54 Prozent der Befragten würden akzeptieren, dass ihr Land anderen Ländern Waffen liefert, um dort Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen zu stoppen. Zwar befürworten 61 Prozent der jungen Menschen in Europa Waffenlieferungen an die Ukraine, allerdings nur gut ein Viertel (27 Prozent) "voll und ganz". 34 Prozent der Befragten unterstützen sie "eher". Am stärksten ist die Zustimmung in Polen, wo 47 Prozent der jungen Menschen "voll und ganz" hinter Waffenlieferungen stehen. In Griechenland (14 Prozent) und Italien (19 Prozent) sind die jungen Menschen hier am skeptischsten.
Wie bewerten junge Menschen die Lage in der EU?
Für junge Erwachsene in Europa ist die Europäische Union vor allem ein Wirtschaftsbündnis und ein Verbund von Ländern, in dem man "frei reisen, wohnen und arbeiten kann". Diese Zuschreibungen ändert auch der Krieg in der Ukraine nicht. Die Bewertungen der EU bleiben im Vergleich mit den Studien vorangegangener Jahre stabil: 23 Prozent der Befragten halten das aktuelle Verhältnis zwischen der EU und ihren Mitgliedsländern für "genau richtig". 42 Prozent wünschen sich, dass die Verbindungen zwischen den Mitgliedsstaaten enger werden.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie?
Knapp zwei Drittel der Befragten (62 Prozent) geben an, dass die Pandemie ihre psychische Gesundheit beeinträchtigt hat. Besonders häufig sagen dies Befragte aus Griechenland (72 Prozent). Dort hat die Pandemie nach Angaben der Befragten auch starken Einfluss auf deren finanzielle Lage (73 Prozent) und ihre beruflichen Chancen (63 Prozent).
Wie bewerten junge Menschen ihre Zukunftsaussichten?
Junge Menschen blicken laut der Studie 2022 weniger optimistisch in die Zukunft. Mit Ausnahme der 16- bis 26-Jährigen in Spanien und Italien steigt in allen untersuchten Ländern der Anteil derer, die pessimistisch in die Zukunft blicken, jeweils auf Höchstwerte: in Deutschland von 29 Prozent in 2017 auf 35 Prozent in 2022, in Frankreich von 33 auf 41 Prozent, in Griechenland von 27 auf 30, in Polen von 18 auf 32 Prozent und in Großbritannien von 29 auf 41 Prozent.